11. Interview – Erzähl mir deine (Schul-) Geschichte
Das Interview wurde geführt mit
Susan Knop (geb. Janas)
Sebastian Schmidt
Datum des Interviews: 27. Juli 2021
Schulzeit: 1987 – 1997 (die ersten sechs Jahre in Wittbrietzen)
Der Jahrgang 1987 war der einzige, bei dem die ersten sechs Klassenstufen komplett in Wittbrietzen unterrichtet wurden. Danach gingen die Schüler zur weiterführenden Schule nach Beelitz. Die Schüler wurden Jungpioniere, erlebten das Ende der DDR und die aufregenden Jahre nach der Wende. Sie waren dabei, als im Mai 1992 der Wittbrietzener Schulstandort geschlossen wurde.
Schultüte und erster Schultag
Jedes Kind bekam eine große Schultüte. Die Einschulung wurde zu Hause in kleinem Rahmen gefeiert. Am ersten Schultag durften die Eltern dem Unterricht beiwohnen. Sie standen am Rand des Klassenzimmers. Herr Schmidt war der Klassenlehrer. Bis 1990 gab es auch samstags Schule, an der Wand hing ein Bild von Erich Honecker, aber auch viele Bilder der Schüler.
Klassenlehrer Herr Schmidt
Der Klassenlehrer Herr Schmidt unterrichtete die Hauptfächer Mathe und Deutsch sowie den Unterricht im Schulgarten. Frau Rau lehrte Musik, in den höheren Klassen unterrichtete Herr Schulze aus Beelitz Mathematik. Außerdem unterrichteten Herrn Bischoff und Frau Wollanky. Frau Henneberger unterrichtete Kunst und Frau Schmidt Englisch.
Kinder wurden früher selbständig
Aufgrund der Vollzeitarbeit von Vater und Mutter in der DDR, hatten die Eltern wenig Zeit für die Kinder. Dadurch wurden die Kinder relativ früh selbständig. Die Hausaufgaben und das Lernen für die Schule wurden mit den Großeltern gemacht. Zuspätkommen zum Unterricht war übrigens in dieser Zeit eine absolute Ausnahme!
Stolze Jungpioniere bis zur Wende
Die Schüler waren stolze Jungpioniere, freuten sich auf die gemeinsamen Pioniernachmittage und übten das Knotenbinden des Pionierhalstuches. Den Übergang zur FDJ erlebten sie nicht mehr, da mit der Wende die sozialistischen Jugendorganisationen aufgelöst wurden. Die negativen Seiten des Pionierlebens reflektierten die noch jungen Schüler nicht – im Vordergrund standen die Ideale der Pioniere wie Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit, Nächstenliebe und Respekt vor dem Alter.
Scheidungskinder hatten es schwer
Die Eltern von Susan Knop ließen sich scheiden, als sie in der dritten Klasse war. Das hatte psychische Folgen für Susan und ihre Schulleistungen verschlechterten sich. Sie fühlte sich unverstanden von Lehrern und Schülern. Scheidungen waren in der DDR eine Ausnahme und Scheidungskinder mussten oftmals allein mit dieser Situation klarkommen, es gab keine psychologische Betreuung.
Inhalt des vollständigen 11. Interviews (Länge 47:31 min)
- (00:05) Der Jahrgang 1987 war der einzige, der 6 Klassenstufen lang in Wittbrietzen unterrichtet wurde. In den Jahrgängen davor gingen die Schüler ab der vierten Klasse nach Beelitz. Im Sommer 1993 wurde die Wittbrietzener Schule geschlossen.
- (01:18) Kurz vor dem Schulanfang mussten alle Schüler in Wittbrietzen zu einer ärztlichen Untersuchung, dort wurden sie durchgecheckt und mussten u.a. das Alphabet aufsagen.
- (02:40) Die Klassenstärke betrug 22 Kinder (aber nur 6 Mädchen) aus Wittbrietzen, Elsholz, Buchholz.
- (03:34) Jedes Kind bekam eine große Einschulungstüte, die Einschulung wurde zu Hause in kleinem Rahmen gefeiert. Am ersten Schultag durften die Eltern den Unterricht beiwohnen, sie standen am Rand des Klassenzimmers.
- (04:45) Es gab die Fibel, die üblichen DDR-Schulmaterialien wie Füller, Schreibhefte mit Löschblättern.
- (06:38) Herr Schmidt war der Klassenlehrer und bis 1990 gab es auch samstags Schule, an der Wand hing ein Bild von Erich Honecker, aber auch viele Bilder der Schüler.
- (10:02) Englisch-Unterricht gab es ab der 5. Klasse, die Lehrerin kam extra aus Beelitz, es gab keinen Russisch-Unterricht mehr.
- (12:30) Im Schulhaus #4 fand der Werkunterricht statt, außerdem wurde dort ab der dritten Klasse auch das Mittagessen ausgegeben, vorher mussten die Schüler zur ZBE (jetzt Agricola) laufen, um Mittag zu essen.
- (14:52) Klassenlehrer Herr Schmidt unterrichtete die Hauptfächer Mathe und Deutsch sowie das Fach Schulgarten. Frau Rau lehrte Musik, in den höheren Klassen unterrichtete Herr Schulze aus Beelitz Mathematik. Außerdem unterrichteten Herr Bischoff und Frau Wollanky, Frau Henneberger unterrichtete Kunst und Frau Schmidt Englisch.
- (18:45) Nach der Schule hatten die Kinder Freizeit und spielten zusammen, die Hausaufgaben wurden später am Abend gemacht, häusliche Arbeit trat zumeist in den Hintergrund.
- (20:45) Sebastian Schmidt half als er größer war beim Viehtreiben und verdiente dabei etwas Geld. In der Schule gab es einen Preis für das Sammeln von Altpapier, es war eine große Gemeinschaft im Dorf, jeder kannte jeden.
- (23:30) + (25:55) Die Eltern arbeiteten lange arbeiten und hatten wenig Zeit für die Kinder, dadurch wurden die Kinder relativ früh selbständig. Oft wurden die Hausaufgaben mit den Großeltern gemacht.
- (24:22) Das Zuspätkommen zum Unterricht war eine absolute Ausnahme.
- (26:57) Die Schüler waren stolze Jungpioniere, freuten sich auf die gemeinsamen Pioniernachmittage, übten das Knotenbinden des Pionierhalstuches, den Übergang zur FDJ erlebten sie aber nicht mehr, da mit der Wende die sozialistischen Jugendorganisationen aufgelöst wurden. Die negativen Seiten des Pionierlebens reflektierten die noch jungen Schüler nicht – im Vordergrund standen die Ideale der Pioniere wie Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit, Nächstenliebe und Respekt vor dem Alter.
- (30:47) Der Übergang nach der sechsten Klasse in die Beelitzer Schule wurde von den Schülern gemischt aufgenommen, die Schulklasse wurde auseinandergerissen, da sich die Schüler zwischen Gymnasium und Gesamtschule entscheiden mussten.
- (32:36) Die meisten Kinder besuchten bei Pfarrer Kusch die Christenlehre und wurden konfirmiert.
- (34:17) Es war eine sehr schöne Schulzeit in Wittbrietzen, die Kinder waren frei. Die Schule gehörte zum Lebensalltag und wurde nicht als Zwang wahrgenommen.
- (35:54) Die Eltern von Susan Knop ließen sich scheiden, als sie in der dritten Klasse war. Das hatte psychische Folgen für Susan und ihre Schulleistungen verschlechterten sich. Sie fühlte sich unverstanden von Lehrern und Schülern, Scheidungen waren in der DDR eine Ausnahme und Scheidungskinder mussten oftmals allein mit dieser Situation klarkommen.
- (39:05) Ein Höhepunkt war das große Dorffest 1987, es gab Indianer- und Neptunfeste am Kiesschacht, Fastnachten im Januar war jedes Mal ein Highlight.
- (42:05) In der Zeit fand der Sportunterricht im Schulhaus #3 statt. Die Klassenräume wurden mit Kachelöfen geheizt. Diese wurden jeden Morgen vom Hausmeister angefeuert.
- (44:30) Auf dem Dachboden des Schulhauses #2 war der Hort. Heinz Schulze aus Elsholz machte für den Hort ein großes Wandgemälde.
- (45:34) In den Sommerferien gab es „Ferienspiele“ in Beelitz in der jetzigen Gesamtschule, dort fand eine Kinderbetreuung in den Ferien statt.
Fragekatalog – Folgende Fragen wurden gestellt
- Wie heißt du und wann bist du in Wittbrietzen zur Schule gegangen?
- Was sind die ersten Erinnerungen an deine Schulzeit?
- Wie groß war eure Klasse? Welches Schreib- und Schulmaterial hattet ihr zur Verfügung und an welche Anschauungsmaterialien und technischaen Geräte erinnerst du dich?
- Welche Erinnerungen hast du an das Schulgebäude, seine innere Ausstattung und den Schulhof? Was hing an den Wänden?
- An welche Lehrer erinnerst du dich und warum? Wie erlebtest du das Verhältnis zwischen Lehrer und Schülern?
- Wie sah dein weiterer Tagesablauf nach der Schule aus und in welcher Weise haben deine Eltern deine schulische Entwicklung begleitet?
- Welchen Stellenwert hatte für dich die kirchlichen Parallelangebote Christenlehre und Junge Gemeinde?
- Mit welchem Bild, welcher Methapher würdest du deine Schulzeit in Wittbrietzen beschreiben wollen?
- Welche besonderen Umstände in der Familie, im Dorf und in der Gesellschaft prägten eure Schulzeit? Welchen Einfluss hatte die Politik auf deinen Schulalltag?
- Gibt es sonstige besondere Erlebnisse oder Konflikte, die du mit deiner Schulzeit / Freizeit verbindest?
- Hast du den Eindruck, eine gute und ausreichende Schulbildung genossen zu haben?
Das ganze Interview gibt es im Archiv
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